GEBÜNDELT von Christian Schnatz

Stele aus Betonguss
35x22x150cm, 120kg, teilmassiver Sockel
Hochfester Beton in heller Ausmahlung,
Juteseil traditionell geteert;
temporärer Fuß aus Lärchenholz.
Arbeit zum Kunstwettbewerb der Synagoge Vöhl, 2021

Es ist das Weiche, was uns zusammen hält.

/Detail: Keil in der Klaffung

INTENTION – WO MAN HERKOMMT

Manchmal ist es ganz einfach.

Bis dahin ist es oft kompliziert, jedenfalls die Erklärung:
Wenn ich mit Menschen zu tun habe, die sich der Erinnerungskultur widmen, erfahre ich neben dem tief herzlichen Engagement besonders die Eigenschaften Geduld, Ausdauer und Sanftheit. Und seit ich diese Menschen mit kleineren oder größeren Projekten begleiten durfte, mich also über ein Thema oder eine Zielsetzung der Erinnerungskultur sozusagen seitwärts angenähert habe, so zum Beispiel unter Fragestellungen innerhalb einer grafischen Arbeit „wie kann man dieses oder jenes visuell transportieren?“ oder „wie wird man der Tragweite des Geschehenen pragmatisch im Textsatz gerecht?“, seitdem komme ich dann und wann ins Straucheln oder kann man sagen „eine Flanke öffnet sich?“

Bewegung seitwärts
Als kleines Beispiel sei das als Modell genannt: Für eine Informationstafel habe ich wieder und wieder Daten und Namen vor Augen. Zwei Zeilen oder doch drei je Familie? Schriftgröße, Zeilenabstand, textlich die Eltern in eine Zeile, die Kinder in die zweite, den Ort der Deportation, Ort der Ermordung in die dritte Zeile? Überlebende Angehörige darunter und wenn es keine gibt, dann eine Leerzeile? Passt das am Ende, geht das glatt auf?

Irgendwann in dem ganzen Schieben und Rücken, im Silbentrennen, Tabulatoren und Ändern der Zeilenweite bekommen die Worte Klänge, die Orte eine Gegend, Berg und Tal, Jahreszeit, die Namen Gesichter. Die Schwester bekommt den kleinen Bruder „Pass auf ihn auf! Wir sehen uns bald wieder!“ und die Angehörigen die Trauer oder aber Stille, weil niemand übrig ist.
Dann bahnt sich eine kleine Ahnung von dem schier unfassbaren Unglück, es lugt der endlose Schrecken und mir bleibt nichts übrig, als die Arbeit zur Seite zu legen.

Wortreigen
In diesem Augenblick die Hände in den Nacken – Gedankenlauf: Es ist das Weiche, das uns zusammenhält im Innen, das schmerzt und ausweicht. Das Harte ist spröde, es kennt nur das Zersplittern – durch das Mark mitten hindurch. Die spaltende Dummheit ist sein Begleiter, zu vorhersehbar ist der Verlauf des groben Risses und kann keine andere Bahn wählen.
Die Stelle, wo das Aufhalten mit geringen und gebündelten, sogar nur sanften Kräften möglich ist, wird offenbar.
So kann aus einem Wortreigen eine gegenständliche Mechanik entstehen, die eine strukturiertes Bild bekommt, wie in der Stele sichtbar. Eigentlich ein müheloser Weg, wenn man sich darauf einlässt.

Die zweite Disziplin (das Hintergrundrauschen)

Der Anspruch
Nachdem die Idee scharf umrissen war, musste ich erkennen, dass die bisherigen Herstellungsansätze für Betonobjekte nicht ausreichten:
Wichtig war, dass das Ganze nicht als Aufbau- oder Modellierarbeit, sondern als kompletter Guss realisiert werden sollte. Kein Stückwerk. Und dabei noch einmal die Vorgabe, dass die Oberfläche nicht glatt, sondern strukturiert sein sollte, eben doch schon wie eine Modellierarbeit.

Bronzeguss
So betrachtet ist man halbschrittig beim Bronzeguss angekommen, wo eine Urform modelliert und dann dünn negativ abgeformt wird. Diese Form wird wieder positiv und ebenso dünnwandig aufgearbeitet. Dieses Positiv ist letztlich die Bronzehaut des Objektes. Die Form innen und außen ist verloren.

Warum nicht einfache Gipsabformung?
Wer die alkalischen Eigenschaften des Betons kennt, weiß, dass selbst eine ordentliche Trennschicht den Beton nicht abhält, den Gips anzugreifen. Macht man die Trennschicht ordentlich dick, verliert man Details, Auch die Größe des Objektes macht die Arbeit mit Gips schwierig: Zum einen die starke Schwindung und dazu die Handhabung des Gewichtes.

Zutatenkaleidoskop
Ein vielversprechender Ansatz war dann eine Mischung der Materialien aus dem Bronzeguss, was Abfolge und Anordnung anging, mit einer Umkehrung.
Doch an dieser Stelle machen wir das Nähkästchen zu, denn man muss man schon mal im eigenen Sinne etwas für sich behalten.
Daher gibt es lediglich ein paar unkommentierte Bilder und die nicht aus dem gesamten Prozess..