Schmeddes
oder die künstlerische Hintertreppe

Esse, Kohlen und Blasebalg.
Glühende Eisen, Amboss, derbe Landwirte und die wettern, ja, der Boden ist felsig, die Schar muss neu.
Ackergäule, Hufeisen und der Geruch von verbranntem Horn und dessen jauchigem Strahl.
„Schmeddes“, plattdeutsch für Schmieds, ist unser Hausname. Die Schmiede steht noch, wenn auch ohne Esse und das Schmiedefeuer erlosch, als ich zur Schule kam.
Bacon und Beuys. 9-jährig auf der documenta 6: der Typ mit dem Hut bei der Podiumsdiskussion über Atomkraft im Klappsesselsaal und verstörend gemalte Körper gleich im ersten Raum des Fridericianums; ordentlich was auf die Rübe für mich Dorfei.

Beruflich rumgekurvt bis fünfundzwanzig, Selbstständigkeit mit Keilrahmenmanufaktur und sodann Zutritt in diverse Ateliers. Zugegen nicht als Konkurrent, Kritiker oder Kunde. Besser als Zaungast, Zuhörer, Zuschauer. Besagte Hintertreppe und dort rauf, was gebraucht wird vom Künstler: Aufspannen, Druckerei, Holzbearbeitung, Metall, Schnittstelle ins Digitale, Beton und Unkonventionelles. Für Künstler und letztlich auch für Kommerz. Man muss ja leben können.

In der Schmiede ist die Metallwerkstatt. Auf dem Kornspeicher die Holzwerkstatt, im Schafstall die Druckwerkstatt. Alles Leere ist wieder voll. Und dann und wann wird selbst was ganz eigenes gemacht.
Aber eher selten.
Daher ist die Liste der Ausstellungsteilnahmen drastisch dünn und die der Fertigkeiten wohlig dick.

Jetzt mal ins Reine.

Ausstellungen?
Soso lala. Bis auf zwei, drei kleine und unscheinbare Gruppenaustellungen, leider Fehlanzeige und einfach nicht der Rede wert.

Künstlerische Ausbildung?
Nein, alles lediglich abgefärbt, durch Beobachten, Zuarbeiten und Neugierde.

Sonstige Ausbildung?
Ja, Fernmeldehandwerker und Umweltschutztechniker, Bauernjunge und Sitzenbleiber.
Selbstständig seit 1993 als Holzblockmacher mit Eintrag in die Handwerksrolle.
Seit fast drei Jahrzehnten eine Vielzahl ungewöhnlicher, disziplinübergreifender Aufträge – mit immensem Niederschlag in Erfahrung und Ausrüstung.

Antrieb?
Ja, genau das Ausloten. Meine Kinder haben immer geschmunzelt, wenn unterwegs ihr Vater hier und da dran klopfte, anfasste und, mit der Nase fast anstoßend, dicht ansah. Sich dem zu widmen, wie etwas gemacht ist, sich anfasst und klingt, ist eine Quelle und neues Maß. Damit kann man neu ausloten.

Kundenliste und Werke?
Ja, hauptsächlich mit Auftragsarbeiten im Hintergrund, jedoch immer auch mit eigenständigem Anteil in der Gestaltung. Für Leute aus dem Modebereich, Illustratoren europaweit, ein paar Handvoll Künstler, Verlage, Industrie.

Künstler?
Nein, auch wenn es komisch klingen mag, so würde ich selbst nie bezeichnen, nicht mal im Ansatz.
Unsortierter Lagerarbeiter trifft es besser.
Ich nenne es ein Nutzen der Möglichkeiten und stetiges Befüllen der inneren Regale. Viele Möglichkeiten sorgen für Beweglichkeit und Kunstfertigkeit. Oder anders gesagt: mit der Recherche bei Google gelingt kein Gedicht, die Karteikarten müssen im Kopf sitzen, aneinander kleben, Eselsohren und Löcher haben, falsch einsortiert sein. Oder sogar ausgeliehen sein. Dann haben sie trotzdem einen Platz, eben einen leeren oder den anderswo. Im Grunde ein ganz einfacher Trick.
Google zeigt nur was da ist.